Therapie

Musiktherapie


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Singen soll die Heilung unterstützen. Laut einer Studie wird dadurch das Immunsystem bei vielen Patienten gefestigt.


Durch die offene Tür schallt Gesang in den Flur. Die Töne locken weitere Teilnehmer zu der Gruppe, die sich regelmäßig im Kulturzentrum der Psychiatrischen Klinik Lüneburg trifft. 20 Frauen und Männer sitzen im Kreis und singen: „Ich bin da.“
Einige finden mit leisen Tönen erst allmählich in das Lied. Dann werden sie lauter: „Du bist da.“ Bald fügen sich die Stimmen zur gemeinsamen Melodie: „Wir sind da.“ Die Klinik gehört zu den rund 20 „Singenden Krankenhäusern“ in Deutschland.
Bis zum Freitag war sie Gastgeberin der Bundestagung des in Deutschland, Österreich und der Schweiz tätigen Vereins „Singende Krankenhäuser“. Seine Mitglieder wollen mit Liedern dazu beitragen, dass Menschen sich besser fühlen. 2006 hat der Musiktherapeut Wolfgang Bossinger in der Psychiatrischen Klinik Christophsbad im schwäbischen Göppingen die erste Singgruppe ins Leben gerufen. Mittlerweile erforscht der Verein auch wissenschaftlich, wie Singen der Seele gut tut.

Gemeinschaft stiften

Der Oldenburger Musikwissenschaftler Gunter Kreutz hat für eine Studie 23 Singleiter befragt. Sie berichten von positiven Körpererfahrungen bei Krebspatienten. Das Singen wirke gegen Schmerzen und Depressionen und stifte Gemeinschaft unter Menschen, denen der Kontakt zu anderen sonst schwer fällt, fasst er Ergebnisse zusammen. Durch die Zertifizierung zum „Singenden Krankenhaus“ werde man Teil eines Netzwerks, außerdem sei es eine Wertschätzung und Anerkennung der Arbeit, die die Pädagogen leisteten.
In der Lüneburger Klinik wandert die Gruppe um Andreas Paff durch den Raum. „Viele hier sind im Verlauf der Krankheit verstummt“, erläutert der Musiktherapeut. „Beim Singen lernen sie, mal wieder laut zu sein. Das macht eine Tür auf.“ Mit kreisenden Armen lockern die Patienten, Ehemalige und Gäste die Schultern. Sie jammern „Ojojojojoy“ und klagen damit mal für alle hörbar.
Eine 51-Jährige, die wegen einer Psychose in der Klinik ist, schätzt die Atmosphäre. Die Singgruppe ist für sie ein Gegenbild zum oft belastend rauen Umgang im Alltag, gibt ihr Rückhalt. „Ich bin viel allein“, sagt sie. „Die Gemeinschaft tut mir gut.“
Musikwissenschaftler Kreutz stellt fest, dass Singen mehr ist als ein Placebo. „Es geht nicht nur um den Glauben, der Organismus und die Psyche sind auch dabei. Die Menschen verspüren beim Singen weniger Stress und mehr Freude“, sagt er. Auch wenn Gesang allein natürlich keine Krankheiten heilen könne, sei zu beobachten, dass das Immunsystem gestärkt wird.
Der Göttinger Neurobiologe Gerald Hüther sieht im Singen ein Mittel gegen die Angst. „Man muss dabei eine Körperhaltung einnehmen, die das Gegenteil einer ängstlichen ist“, sagt er.
Töne zur Melodie zu verbinden, sei eine komplexe Leistung, die emotionale Zentren im Gehirn aktiviere. „Singen ist immer auch mit Gefühlen gekoppelt.“ Wer mit anderen singe, fühle sich nicht mehr allein.

Kinder heilen

Hüther empfiehlt, mit Kindern zu singen. Nach seinen Forschungen wirkt sich das positiv auf die Entwicklung ihrer Gehirne aus. Doch auch bei Erwachsenen könne Gesang heilsam wirken. Er setze angstmachenden Diagnosen und dem Gefühl der Hilflosigkeit etwas entgegen. „Menschen brauchen das Gefühl, dass sie selbst etwas tun können.“ Singen könne jeder, wenn er sich darauf einlasse.
Andreas Paff schlägt zum afrikanischen „Sanna Sannanina“ die Gitarre an. Ein Mann greift zur Trommel, ein anderer zum Schellenkranz. Und die Frau, die eben noch die Arme verschränkt hat, klatscht mit. „Am besten gefällt mir, dass es hier keinen Leistungsdruck gibt“, schwärmt die 49-jährige Janah.
Die vom Verein „Singende Krankenhäuser“ ausgebildeten Gruppenleiter achten auch auf die Texte, die Mut machen sollen. „Ich wünsche Dir tiefen Frieden am Ende Deines Tages“, singt die Lüneburger Gruppe zum Schluss. „Das ist etwas, was ich mitnehme und mir abends sage, oder innerlich singe“, sagt die 51-Jährige. „Gesungen prägt es sich besser ein.“
Interessanterweise fühlen sich vor allem Frauen von dem Angebot angesprochen. „Warum Frauen generell lieber singen als Männer, ist unklar“, meint Kreutz. „Vielleicht sind Männer einfach glücklicher, wenn sie für sich allein im Hobbykeller basteln können“, spekuliert er. Diese „Geschlechterbarrieren“ müssten bei einer solchen Therapie natürlich mit bedacht werden.
Mittlerweile gewinne die Idee auch in Altenheimen Anhänger, sagt die Geschäftsführerin der „Singenden Krankenhäuser“, Sonja Heim. In Berlin wurde kürzlich das erste „Singende Hospiz“ für sterbenskranke Patienten zertifiziert.
Der Verein unter Schirmherrschaft von Gerlinde Kretschmann, der Frau des baden-württembergischen Ministerpräsidenten, bemüht sich um Förderungen durch die Krankenkassen.

Oft noch Hemmungen

Kreutz gibt dabei nur zu bedenken, dass Menschen im höheren Alter manchmal Hemmungen hätten, sich einer Singgruppe anzuschließen, wenn sie ein Leben lang nicht gesungen haben.
Insgesamt ziehen Experten eine sehr positive Bilanz. „Singen wirkt auch präventiv“, sagt Sonja Heim. Es stärke die Abwehr und setze Glückshormone frei: „Das ist ein bisschen wie Schokolade essen.“



Musiktherapie in der Kinderklinik
Das Angebot der Musiktherapie in der Kinderklinik bietet kleinen Patienten eine individuelle Ausdrucksmöglichkeit und eine wichtige Abwechslung vom oftmals eintönigen Klinikalltag. Durch die Musik können sie sich hörbar machen und auch ohne Worte ihre Stimmungen und Gefühle mitteilen.

Singen, Musikmachen oder Musikhören – Musik macht glücklich. Mit einem multisensorischen Ansatz, also über viele Sinneskanäle, steht bei der Musiktherapie die Aktivität des Patienten im Vordergrund. Die Therapie ist individuell auf jeden Patienten abgestimmt. Das Spektrum reicht vom Hören und Erleben von Musik bis hin zur aktiven Beteiligung der Patienten mit Instrumenten oder der eigenen Stimme. Musik und Instrumente wirken aktivierend, motivierend und belohnend, die Patienten können sie im spielerischen Rahmen erkunden, spielen und einsetzen.

http://www.universitaetsmedizin.de/foerderprojekte_einzel.php?id=337

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